Dienstag, 12. Dezember 2023

Polarisation des Lichts

Ein Polarisationsfilter - wie wir ihn auch in Sonnenbrillen z.B. antreffen - lässt nur jenen Anteil an Licht durch, der (nahezu) parallel zur Polarisationsebene schwingt. Der andere Anteil wird zum Teil reflektiert und zum Teil vom Material absorbiert.

Beginnen wir wieder mit der Präparation: Wir lassen unpolarisiertes Licht auf einen vertikal polarisierten Filter auftreffen, so dass alles Licht, das den Filter passiert, nun seinerseits vertikal polarisiert ist. So haben wir unser "Ausgangsmaterial" mit bekannter Polarisation.



Je nach Polarisationswinkel passiert
ein bestimmter Anteil des Lichts
den zweiten Filter

Nun stellen wir einen zweiten, horizontal (also im Winkel von 90° zum ersten) polarisierten Filter hinter den ersten und finden, dass dieser gar kein Licht durchlässt, wie auch intuitiv zu erwarten wäre.

Stellen wir den zweiten Filter mit einem Polarisationswinkel von 45° zum ersten auf, passiert genau die Hälfte des vertikal polarisierten Lichts den Filter (und weist danach seinerseits eine Polarisation von 45° auf).

Bei einem Winkel von 30° werden ¾ oder 75%,
bei einem Winkel von 60° nur mehr ¼ oder 25% des Lichts den zweiten Filter passieren.

Wieder ist es so, dass je nach Polarisationswinkel ein bestimmter Anteil des Lichts das zweite Filter passiert, und diesen Anteil kann man für jeden Winkel berechnen bzw. vorhersagen.

Wie man diesen Anteil wie auch die Wahrscheinlichkeiten beim Experiment mit dem Elektronenspin berechnet, zeige ich im Kapitel "Berechnung der Wahrscheinlichkeiten"; für ein Verständnis der Vorgänge ist dies aber nicht erforderlich.

von der "klassischen" zur Quantenphysik

Die bisherigen Vorhersagen die Polarisation betreffend sind nicht erstaunlich, es sind dies dieselben Ergebnisse, die auch die herkömmliche, die "klassische" Physik, voraussagt; sie resultieren aus den beobachteten Welleneigenschaften des Lichts, und wir brauchen dazu nicht die Quantenphysik zu bemühen.

Die "Seltsamkeiten" treten erst auf, wenn wir nach den einzelnen Photonen fragen; wenn wir ein Experiment durchführen, in dem das Licht als Teilchen in Erscheinung tritt: Wir können hinter dem letzten Polarisationsfilter eine Photoplatte aufstellen, aus der das auftreffende Licht Elektronen herausschlägt. Dieses Herausschlagen von Elektronen kann man sich nur mit dem Teilchenbild des Lichts erklären (siehe "Photoelektrischer Effekt").

Nehmen wir wieder das Experiment mit zwei Polarisationsfiltern, bei dem der erste (wie immer) vertikal polarisiert ist und der zweite im Winkel von 45° zum ersten. Dann wissen wir, dass die Hälfte des Lichts (oder die Hälfte aller Photonen) aus dem ersten Filter auch den zweiten passieren wird und gleich darauf auf die Photoplatte auftrifft.

Fragen wir nun, ob ein einzelnes Photon den zweiten Filter passieren wird, können wir wieder unmöglich eine Voraussage machen. Wir können nur sagen, dass es den Filter mit 50%iger Wahrscheinlichkeit passieren wird - aber ob es dann tatsächlich tut oder nicht ist wieder reiner Zufall.

(Das Experiment lässt sich tatsächlich auch praktisch mit einzelnen Photonen durchführen, so dass nur ein einzelnes Photon aufs Mal die Polarisationsfilter passiert oder eben nicht.)

Wieder ist es so, dass nach Passieren des ersten Filters JEDES Photon EXAKT DIESELBE POLARISATION aufweist; warum passiert dann das eine Photon auch das zweite Filter und ein anderes nicht? Es existiert keine Ursache dafür, sondern es ist reiner Zufall.

Erst das Experiment, die Messung selber, legt fest, ob ein einzelnes Photon den Filter passiert; vor der Messung ist der Zustand des Photons indeterminiert, was gleichbedeutend ist mit: vor der Messung befindet es sich in Superposition, in einer "Überlagerung" der beiden Möglichkeiten.

Hier haben wir eine schöne Analogie zu den Experimenten mit dem Elektronenspin im Magnetfeld - es wird sich indes zeigen, dass man diesem "objektiven Zufall" und der Superposition (= Überlagerung von Zuständen) überall in der Quantenphysik begegnet.

"Verborgene Variablen"

Viele auch der namhaftesten Physiker konnten sich (besonders in den Anfangszeiten der Quantenphysik) nur sehr schwer bis gar nicht mit diesem "objektiven Zufall" bzw. dem Indeterminismus in der Natur abfinden, und sie postulierten, es müsse "verborgene Variablen" geben, die wir nur (noch) nicht kennen, die aber den Zustand eines Teilchens festlegen. Dass also nicht erst die Messung den Zustand festlegt. Dass es doch einen Determinismus gibt und nicht der reine Zufall herrscht; daher auch der Ausspruch Einsteins: "Gott würfelt nicht".

Eine schöne Analogie zu den "verborgenen Variablen" ist die der DNA: danach ist der Zustand, den wir im Experiment messen, dem Teilchen von Anfang an irgendwie "eingeschrieben" (und werden wir diese DNA finden und entschlüsseln können, wäre der Determinismus gerettet).

Obwohl die (seit den Anfängen) allgemein akzeptierte Interpretation der Quantenmechanik (die sog. "Kopenhagener Deutung") besagt, dass dieser "objektive Zufall" der Natur inhärent ist, dass es also ein Wesenszug der Natur selbst ist, war die Frage, ob es "verborgene Variablen" gibt, lange umstritten (und flammt selbst heute noch hie und da auf).

Die "Bellsche Ungleichung"

Erst 1964 konnte John Stewart Bell mathematisch zeigen, dass die Wahrscheinlichkeitsverteilung in den beiden Fällen ("DNA" versus Zufall) nicht dieselbe ist, und im Experiment zeigt sich jene Wahrscheinlichkeitsverteilung, die zu erwarten wäre, wenn Zufall und Indeterminismus herrschen.

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